Kur als Massenbetrieb

Die Generation 50 plus hat Bad Kissingen noch nicht so recht erreicht – der Ort ist geprägt von der Generation 70 plus mit den entspechenden Gebrästen; d.h. der Rollator ist das Standartgefährt. Sobald ein Urlauber sich etwas sportlicher bewegen kann, z.B. mit Rad, sich joggend oder auf Schusters Rappen durch die landschaft bewegt wird es traumhaft einsam. Für alleinreisende Damen gibt es dreimal in der Woche das Angebot zur Wanderung. Heute auf den Altenberg – mit Sisi Denkmal, Aussichtsplattform und zauberhaftem Tempelchen = Walhalla (alles aus dem 19. Jhd) habe ich vier der Damen von der Wanderung am Mittwoch wiedergetoffen; lustige Unterhaltung mit pensionierter Grundschullehrerin aus Herford (Provinzstadt), die ganz stolz auf ihr Museum Martha ist – und natürlich haben wir darüber diskutiert wie wir Schule besser machen würden.  Mit einer jüngeren Frau  – ebenfalls aus Köln, 40 plus, bin ich jetzt am Samstag Mittag zu einer Wanderung verabredet – sie war schon mehrmals hier in Kissingen und gönnt sich den Aufenthalt als Urlaub wegen Arthrose – joggt aber morgends – während ich walke. Das ist übrigends hier ein Geheimtipp für emotional bedürftige Männer unter 70 Jahre. 

One Response to “Kur als Massenbetrieb”

  1. …und was sagt das „Damen-Conversations-Lexikon“, Bd. 6 von 1836, S. 143 zu Bad Kissingen?
    „Kissingen, ein Städtchen im Fürstenthume Würzburg und ein seit Jahrhunderten bekannter, besonders in der neuesten Zeit sehr besuchter Kurort. Der Pandur oder Badebrunnen und der stark abführende Ragozi oder neue Kurbrunnen geben ein muriatisch-salinisches Stahlwasser, der Trink- oder Sauerbrunnen aber bloß ein muriatisch-salinisches Wasser. Es hat sich der Gebrauch der Kissinger Wasser bei Dickblütigkeit, Fettüberfluß, Schleim, gallichten Feuchtigkeiten, Gliederreißen, Lähmungen, Ausschlägen, Verstopfungen der Eingeweide, Hypochondrie und Unfruchtbarkeit sehr heilsam bewiesen. Man fängt früh um 6 Uhr an zu trinken, trinkt die Becher nur zur Hälfte aus, geht nach jedem Becher 8–10 Minuten spazieren und trinkt drei bis vier Pfund, badet gegen 10 Uhr nach einem leichten Frühstück, promenirt dann wieder bis Mittag im Schatten. Zwischen 5–7 Uhr trinken Viele noch einige Gläser Sauerbrunnen und bewegen sich abermals, da das Spazierengehen ein Haupterforderniß der Kur ist. Manche müssen das Wasser erwärmen, Andere trinken es mit Milch, wodurch es geschwächt wird. Das Leben dort ist gut und für Bequemlichkeiten gesorgt. Hübsche Partien der Umgegend sind: die Saline, die Ruine des Bergschlosses Bodenlauben mit einer schönen Aussicht. Zu weiteren Ausflügen eignet sich Bocklet, das Lustschloß der ehemaligen Bischöfe von Würzburg, Werneck und Wipfeld.“
    Ein Faksimile der Seite findet sich unter
    http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834/K/damenconvle-006-0143

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